Frauen
von Friedland
Helene Charlotte von Friedland, 1754 – 1803
und Henriette Charlotte von Itzenplitz, 1772 – 1848
genannt „Frauen von Friedland“ | Agrarreformerinnen
Eigenständig und erfolgreich. Mutter und Tochter von Friedland zogen an einem Strang, wenn es um die Weiterentwicklung der Landwirtschaft auf ihren Gütern ging. Auch der bekannte Agrarreformer Albrecht Daniel Thaer lernte von ihnen.
Mutter …
Helene Charlotte von Lestwitz war gerade 18 Jahre alt, als sie sich von ihrem Ehemann „unschuldig“ scheiden ließ. Mit der neugeborenen Tochter kehrte sie zu den Eltern nach Schloss Kunersdorf zurück. Hier begann sie, ihre Bildung zu vervollständigen – auch um die Tochter unterrichten zu können. Sie interessierte sich besonders für Botanik und Landwirtschaft und sorgte später auch für eine bessere Bildung der Menschen auf ihrem Land.
Sie muss voller Energie gewesen sein. Über Konventionen setzte sie sich bei Bedarf hinweg, als Gutsherrin ritt sie in „männlicher“ Kleidung über ihre Ländereien, um überall nach dem Rechten zu sehen. Es heißt, sie hätte dort jedes Kalb und jede Hecke gekannt. Obendrein lernte sie das Müllerhandwerk, um selbst Müllerburschen ausbilden zu können. Als Albrecht Daniel Thaer sie einmal besuchte, beklagte er sich in Briefen an seine Frau über die fehlenden Pausen.
… und Tochter
Auch die Tochter Henriette Charlotte war landwirtschaftlich und botanisch interessiert und gebildet. Sie heiratete glücklicher als ihre Mutter und verbrachte ihre Hochzeitsreise in England – um die dortige fortschrittliche Landwirtschaft zu studieren.
Später übernahm sie die mütterlichen Güter und setzte auch die botanische Sammlung von Mutter und Großvater fort. Sie machte Schloss Kunersdorf zu einem Treffpunkt aufgeklärter Künstler und Gelehrter. Außerdem brachte sie vier Kinder zur Welt, die sie selbst stillte und erzog, was für eine Frau ihres Standes nicht selbstverständlich war.
Agrarreformerinnen
Mit 34 Jahren übernahm Frau von Friedland Senior die Bewirtschaftung der väterlichen Güter, auf denen manches im Argen lag. Sie verkaufte den geerbten Schmuck, investierte in die Ländereien und führte Reformen durch. Sie schaffte die Frondienste ab und setzte eine veränderte Fruchtfolge durch. Statt der klassischen Dreifelderwirtschaft (Wintergetreide, Sommergetreide, Brache) wurde nun das Getreide im Wechsel mit blattreichen Pflanzen wie Kartoffeln, Rotklee oder Rüben angebaut. Die Brache entfiel, der Ertrag konnte gesteigert werden, ohne den Boden zu ermüden.
Mutter und Tochter lernten über die Landwirtschaft was sie konnten. Sie sammelten Saatgut, experimentierten mit Fruchtfolgen und Viehzucht und bildeten die Bewohner*innen ihrer Güter zu erfolgreichen Bäuer*innen und Verwalter*innen aus.
Netzwerkerinnen
Die Frauen von Friedland verbrachten die Winter in Berlin und luden im Sommer Gelehrte und auch Künstler*innen nach Schloss Kunersdorf ein. Wissenschaftler wie Alexander und Wilhelm von Humboldt, der Verleger Friedrich Nicolai oder der Dichter Adelbert von Chamisso waren hier zu Gast. Außerdem führten beide Frauen Briefwechsel mit anderen Gutbesitzer*innen sowie mit dem Agrarreformer Albrecht Daniel Thaer.
Henriette Charlotte unterstützte ihn durch die Einführung in ihr landadliges Netzwerk, durch Erfahrungsberichte in ihren Briefen sowie durch Rückmeldungen zu seinen Aufsätzen. Solche Briefwechsel waren auch ein Weg, über den Frauen im 18. Jahrhundert an wissenschaftlichen Diskursen teilnahmen. Sie brachten ihr Wissen und ihre Erfahrungen ein – freilich ohne dafür mit Namen genannt oder erinnert zu werden.
FrauenOrt den Frauen von Friedland in Bliesdorf
Musenhof, Dorfstr. 1, 16269 Bliesdorf OT Kunersdorf
52.67647°N, 14.15859°E / Google Maps / OpenStreetMap
Weiterführende Links, Literatur & Podcast
rbb-Podcast Clever Girls – rebellisch, feministisch, wegweisend
Oderbruch Museum: Die Frauen von Friedland und Albrecht D. Thaer