Ella Lettre, Illustration: EL BOUM
Illustration: EL BOUM

Ella
Lettre

Künstlerin und Unternehmerin, 1890 – 1976

FrauenOrt in Kleinrössen

Früh verwaist und glücklich adoptiert. Ella Lettre hatte Glück im Unglück und wurde vom Waisenkind zur erfolgreichen Unternehmerin. Sie meldete ein eigenes Patent an und stellte ihre handgewebten Teppiche auf der Leipziger Messe und im Museum aus.

Ella Lettre

Elisabeth Jenny, später Ella genannt, wurde 1890 als jüngstes von acht Geschwistern geboren. Beide Eltern starben kurz nach der Geburt. Für Ella hätte das zu einer doppelten Katastrophe werden können, denn sie war taub. Die Bildungschancen für gehörlose Kinder um 1900 waren unsicher, Diskriminierungen an der Tagesordnung. Gebärdensprache war seit Ende des 19. Jahrhunderts verpönt und viele taube Menschen erhielten überhaupt keine Schulbildung.

Ella jedoch war bereits als Baby adoptiert worden und nun Tochter einer reichen und gebildeten Familie. 1904 kauften die Eltern das Schloss Neudeck mit den Dörfern Neudeck und Kleinrössen. Sie ermöglichten Ella Lettre eine gute schulische Bildung in Dresden und Frankfurt am Main. Gemäß der Überzeugung der Zeit wurde sie rein lautsprachlich unterrichtet. Sie soll sehr wissbegierig gewesen sein und die Lautsprache und das Lippenlesen gut beherrscht haben. Neben den normalen Schulfächern lernte sie auch tanzen, reiten und Motorrad fahren.

Künstlerin …

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges machte Ella Lettre an der Kunstgewerbeakademie in Dresden eine Ausbildung in Handweberei und wurde eine erfolgreiche Handweberin. 1927 erteilte ihr das Patentamt ein Patent auf ein besonderes „Verfahren zur Herstellung handgewebter einfacher glatter Teppiche, Matten u. dgl.“ (1) Auf Wunsch ihrer inzwischen verwitweten Mutter kehrte sie dann aus Dresden nach Kleinrössen zurück, um dort bei der Verwaltung des Gutes zu helfen.

… und Unternehmerin

1931 musste das Schloss verkauft werden, vom Reichtum der Familie war nicht mehr viel übrig. Ella Lettre richtete im verbliebenen Forsthof eine Handweberei ein, daraus wurde bald ein erfolgreiches Unternehmen mit mehreren Angestellten. Sie rauchte viel, trug „männliche“ Kleidung und galt als eine Chefin, die besonders gut zuhören konnte.

Ihre Vorleger und Wandteppiche stellte sie im Grassi‑Museum in Leipzig und auf der Leipziger Messe aus, die Produktion erfolgte von Hand in Kleinrössen. 1971 beschäftigte sie dafür 16 Weberinnen, zu diesem Zeitpunkt war sie 81 Jahre alt. 1972 wurde der Betrieb im Rahmen der „Vollendung des Aufbaus des Sozialismus in der DDR“ verstaatlicht und die Produktion wurde eingestellt. Ella Lettre starb wenige Jahre später.


FrauenOrt Ella Lettre in Kleinrössen

Naturschutzzentrum, Dorfstraße 14, 04895 Kleinrössen, nahe ihrer Wirkungsstätte

51.64224°N, 13.26554°E / Google Maps / OpenStreetMap

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FrauenOrte Tafel von Ella Lettre (PDF)


Fußnoten & Quellenangaben

  1. Heimatkalender für die Region Herzberg 2002. Kultur- und Heimatverein Herzberg (Elster) e. V., S. 101.

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