Cottbuser
Stadtverordnete
Die ersten weiblichen Stadtverordneten in Cottbus, 1919
Mitreden, mitarbeiten, mitbestimmen. Über Jahrzehnte hatten Frauen in Deutschland für das Wahlrecht gekämpft. Ab 1919 zogen die ersten Pionierinnen in die Parlamente ein, fünf von ihnen in die Stadtverordnetenversammlung von Cottbus.
Das Wahlrecht für Frauen in Deutschland
Nach langem Kampf wurden im Zuge der Novemberrevolution 1918 auch Frauen zur Wahl zugelassen. Bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung in Cottbus am 2. März 1919 waren unter 119 bestätigten Kandidat*innen elf Frauen. Sie hatten es geschafft, sich innerhalb der bestehenden Parteien einen Listenplatz zu erkämpfen. Und sie trauten es sich zu, in eine Männerdomäne vorzustoßen, die ihnen bisher gesetzlich verwehrt war. Fünf von ihnen wurden schließlich unter die 45 Abgeordneten gewählt:
Johanna Grauert (22.1.1866 – 25.11.1949, Gemeinsame bürgerliche Liste)
Dr. Charlotte Großmann (27.2.1882 – 12.10.1926, Gemeinsame bürgerliche Liste, DDP)
Elsbeth Petschke, geb. Krüger (25.12.1885 – 28.3.1953, Sozialdemokratische Liste, SPD)
Martha Peschke, geb. Nuglisch (1.9.1888 – 28.11.1958, Sozialdemokratische Liste, SPD)
Anna Utz (Daten unbekannt, Sozialdemokratische Liste, SPD)
Fünf mutige Frauen in Cottbus
Von Anna Utz wissen wir heute nur noch, dass sie die SPD vertrat. Martha Peschke, geb. Nuglisch, war Textilarbeiterin, kinderlos und mit einem Buchdrucker verheiratet. Die Näherin Elsbeth Petschke, geb. Krüger, wurde nach einer Zusatzausbildung Wohlfahrtspflegerin in Cottbus. Sie war später auch Abgeordnete im Landtag. Ihr städtischer Arbeitgeber entließ sie 1933 aufgrund ihres politischen Engagements in der SPD, die Gestapo durchsuchte mehrfach ihre Wohnung. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sie wieder als Fürsorgerin und Stadträtin tätig werden.
Johanna Grauert war Verkäuferin und leitende Angestellte. Dr. Charlotte Großmann war Oberlehrerin in Mathematik, Physik und Chemie, sie hatte in Berlin studiert und 1915 promoviert. Drei Jahre nach ihrem Einzug in die Stadtverordnetenversammlung Cottbus ging sie als Oberschulrätin nach Breslau.
Parlamentsarbeit unter Männern
Auf acht Männer kam in dieser ersten gemischten Stadtverordnetenversammlung eine Frau. Mit welchen Vorurteilen sie sich herumschlagen mussten, zeigt ein späterer Kommentar im Cottbuser Anzeiger. Hier heißt es, die weiblichen Abgeordneten hätten sich mit dem „komplizierten bürokratischen Räderwerk“ der Politik schwergetan, weil es ihnen „wesensfremd“(1) sei. Sie ließen sich dadurch nicht von der Arbeit abhalten. Martha Peschke arbeitete im Armenausschuss und in der Krankenhausdeputation mit, Johanna Grauert war im Wahlausschuss, im Rechnungsprüfungsausschuss und im Verwaltungsausschuss der Handelsschule vertreten. Von Dr. Charlotte Großmann wissen wir, dass sie sich mit Fragen von Fürsorge und Schulwesen beschäftigte. Und offensichtlich hielten sie auch über Parteigrenzen hinweg zusammen.
„Wir Frauen haben den Männern etwas voraus: unsere Führerinnen – gleichviel welcher Partei sie sich angeschlossen haben – sind sich voll bewusst, dass wir Frauen Forderungen haben, die uns über die Parteien hinweg einen.“
Charlotte Großmann im Cottbuser Anzeiger am 31. Juli 1919
FrauenOrt der Cottbuser Stadtverordneten in Cottbus
Stadthaus, Erich-Kästner-Platz, 03050 Cottbus, heutiger Tagungsort der Cottbuser Stadtverwaltung , Wirkungsort der Frauen
51.75989°N, 14.32886°E / Google Maps / OpenStreetMap
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FrauenOrte Tafel der Cottbuser Stadtverordneten (PDF)
Fußnoten & Quellenangaben
- Cottbuser Anzeiger, 13. April 1923, Autor unbekannt.
- Sammlung Stadtarchiv Cottbus.