Johanna
Louise Pirl, Illustration: Noa Snir
Illustration: Noa Snir

Johanna
Louise Pirl

Glashüttenbesitzerin und -gründerin, 1733 – 1810

FrauenOrt in Altglobsow

Wenn es so nicht geht, dann geht es anders. Johanna Louise Pirl ließ sich bei der Expansion ihres Unternehmens weder von Gesetzen noch von Rohstoffknappheit aufhalten. Im 18. Jahrhundert führte sie erfolgreich mehrere Glashütten.

Johanna Louise Pirl

Johanna Louise wurde als Tochter eines Glasmachers geboren. Wahrscheinlich hatte sie das Handwerk von ihm gelernt, wie es in Handwerkerfamilien üblich war. Um 1750 versuchte der Vater, sich mit einer eigenen Glashütte in Globsow selbstständig zu machen. Allerdings ging ihm schnell das Geld aus. Als er 1753 starb, wurde Friedrich Gottlieb Pirl als Verwalter eingesetzt. Johanna heiratete ihn und konnte so den väterlichen Betrieb mit übernehmen.

Zwanzig Jahre lang führten die Eheleute die Glashütte gemeinsam. Nach dem Tod ihres Mannes übernahm Johanna die Leitung allein. Anspruchsvoll sei sie gewesen, bei Fehlern kannte sie kein Pardon. Fertige Waren inspizierte sie vom Pferd aus. Und wenn etwas misslungen war, habe sie nicht nur die Gläser zerschlagen, sondern auch dem verantwortlichen Glasbläser mit der Reitgerte eins übergezogen.

Unternehmerin …

Eine Glashütte im 18. Jahrhundert, das war ein großes Unternehmen, das genau getaktet werden musste. Gearbeitet wurde in Schichten rund um die Uhr. Etwa zehn bis fünfzehn Glasbläser lebten damals bei der Hütte, dazu kamen Frauen, Kinder, Gesellen und Lehrlinge sowie viele andere Handwerker und Hilfskräfte. Für sie alle mussten Wohnungen und Nahrung her, außerdem waren der Verkauf und Transport der Glaswaren, der Holznachschub und die Landwirtschaft auf den gerodeten Flächen zu organisieren.

… und Gründerin

Glashütten brauchten Unmengen an Holz und das ging auch in Globsow irgendwann zur Neige. Johanna Louise Pirl ließ den Betrieb einige Kilometer weiter nach Neuglobsow verlegen. Sechs Kilometer entfernt eröffnete sie noch eine Glashütte, in Steinförde in Mecklenburg. Damit umging sie die Zollgesetze und konnte die Havel für den Absatz nach Berlin und Hamburg nutzen. In Neuglobsow gründete sie zusätzlich eine Brauerei, denn mit Bier gefüllt ließen sich ihre Flaschen noch gewinnbringender verkaufen.

Um den Wald zu schützen, wurde die Holzfeuerung in Glashütten 1787 verboten. Johanna Louise Pirl ließ mit Torf weiter heizen und gründete in Friedrichsthal bei Oranienburg eine Hütte, die mit Steinkohle aus Schlesien betrieben wurde. Es heißt sogar, sie hätte eine letzte Glashütte in Neufriedrichsthal (heute poln. Ujście) gebaut und das Glas von dort aus bis nach Warschau verkauft. Zuzutrauen ist es ihr – und in Ujście ist immerhin noch heute eine moderne Glashütte in Betrieb.


FrauenOrt Johanna Louise Pirl in Altglobsow

Seestraße gegenüber Nr. 10a, 16775 Großwoltersdorf OT Altglobsow

53.13030°N, 13.11515°E / Google Maps / OpenStreetMap

Weiterführende Links, Literatur & Podcast

rbb-Podcast Clever Girls – rebellisch, feministisch, wegweisend

Stolpe am See: Eine Waldglashütte im 17. und 18. Jahrhundert

Downloads

FrauenOrte Tafel von Johanna Louise Pirl (PDF)